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... aber Steine reden nicht

Carlo Ross: ... aber Steine reden nichtAutor: Carlo Ross
Format: Taschenbuch
Seitenzahl: 272 Seiten
Verlag: dtv Verlagsgesellschaft
Auflage: 1 (1991)
Sprache: Deutsch
ISBN: 978-3423780162

Altersempfehlung: 12 bis 14 Jahre

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Klappentext:

1938 leben sie alle zusammmen in der "Stiege", einer Armeleutestraße in Hagen: Christen, Sozialdemokraten, Nazis und Mitläufer, aber auch der 10-jährige jüdische Junge David, mit seiner Mutter Hanna Rosen.

Unter dem Druck der Nazis werden die beiden immer mehr isoliert und schließlich verfolgt. Nur wenige Menschen zeigen vorsichtig Mitgefühl...

Über den Inhalt:

Der 10-jährige David muss mit seiner Mutter Hannah in Wohnung „in der Stiege" Nr. 5 einziehen. In dieser Straße leben einfache Leute: Linke und Rechte, Standhafte und solche die umfallen, Hilfsbereite und solche die umfallen, Juden und Nichtjuden ...

Für alle Menschen verschlechtert sich der Alltag ab 1938 immer mehr. Noch hat David viele Freunde, aber dann bröckelt der Schutz der Gemeinschaft ab. Der jüdischen Bevölkerung werden nach und nach alle Rechte genommen. Die Milchfrau verkauft Frau Rosen keine Milch mehr; David darf nicht an der Schulabschlussfeier teilnehmen.

Die Menschen in der „Stiege" haben unterschiedliche politische Ansichten und Einstellungen: David erlebt Widerstand gegen Hitler und den fanatischen Glauben an ihn. Frau Zettlau, die Mutter seines besten Freundes Erich, erhofft sich Vorteile, hängt ein Bild Adolf Hitlers auf und meldet ihren Sohn in der Hitlerjugend an.

David erlebt, wie die Leute beeinflusst werden und sich verändern. Der jüdische Arzt Doktor Hersch wandert aus. Die Lebensbedingungen werden für David und seine Mutter schwieriger, durch schwere Arbeit muss er zum Lebensunterhalt beitragen.

Davids Onkel Daniel Adonait kommt im KZ-Sachsenhausen ums Leben. Die jüdische Bevölkerung muss den gelben Stern tragen. Die meisten Bewohner der „Stiege" aber behandeln David und seine Mutter mit Respekt.

Im Januar 1942 kommt der Befehl zum Abtransport. „Zehn Kilo Gepäck können mitgenommen werden." Die „Himmelsleiter", eine Steintreppe, über die David die „Stiege" verlässt, bringt ihn nicht ins Paradies, sondern in eine ungewisse Zukunft.

Die autobiographische Geschichte beschreibt die schrittweise Entrechtung, Diskriminierung und Deportation der jüdischen Bevölkerung. Carlo Ross schildert alltägliche Situationen und die unterschiedlichen Reaktionen der Bevölkerung.

Es waren nicht nur die obersten Befehlshaber, die mitmachten, es waren auch die Frau aus der Nachbarwohnung, die Schulkameraden und die Menschen aus der Straße. Aber es gab auch Menschen, die halfen und Widerstand leisteten.
(Quelle: http://www.friedenspaedagogik.de/datenbank/kjns/detail.php?id=29443)

Über den Autor:

Carlo RossCarlo Ross (1928 bis 2004) war Journalist und Buchautor. In Hagen geboren und aufgewachsen, zählte er zu denjenigen, die plötzlich erfahren mussten, dass ihre jüdische Herkunft als ein unauslöschlicher Makel galt.

Karl Otto, so sein richtiger Vorname, lebte mit seiner verwitweten Mutter im Stadtteil Altenhagen, zählte zu den so genannten assimilierten Juden, die weder beschnitten noch getauft worden waren. Seine Mutter war Mitglied einer Baptistengemeinde.

Nach dem Ende des 2. Weltkrieges suchte der damals 17jährige mühsam seinen beruflichen Weg, wandte sich dem Journalismus zu. Anfangs schrieb er für Jugendzeitschriften, volontierte bei der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (WAZ), wechselte in die Sozialarbeit.

Dann gründete er in Berlin einen Kleinverlag, war Herausgeber eines Heimatkalenders und der Seniorenpost der Stadt. Später lebte er als freier Autor in Regensburg. Erst im Alter rang er sich dezu durch, seine persönlichen Erfahrungen, Erlebnisse und Einsichten in Büchern niederzuschreiben.

Carlo Ross: ... aber Steine reden nicht"...aber Steine reden nicht" erschein erstmals 1987 Bitter-Verlag und wurde zu einem Bestseller. Ross erzählte das Schicksal eines jüdischen Hagener Jungen, flocht neben Fiktivem viel autobiografische Details ein, öffnete mit diesem Werk vor allem in seiner Heimatstadt Leserinnen und Lesern die Augen für das Unrecht, das Juden angetan worden war.

"Im Vorhof der Hölle", einem Fortsetzungsband, geht es um die Jugendjahre des David Rosen im Ghetto Theresienstadt. In den selben Rahmen passt auch der Roman "Des Königs Kinder". Die angeblichen Ritualmorde von Juden an Christen führt Ross ad absurdum. Deutlich wird in diesem Buch, dass der Antisemitismus keineswegs allein ein Phänomen des 20. Jahrhunderts war und ist.

Nicht nur für die erwähnten Arbeiten wurde Ross ausgezeichnet. Zum "Buch des Monats" wurde "...aber Steine reden nicht" von der Akademie für Kinder- und Jugendliteratur in Volkach gewählt, wie auch der Eintrag in die Empfehlungsliste des Gustav-Heinemann-Friedenspreises 1988 vorgenommen wurde.

Die Jury des "Alfred-Müller-Felsenburg-Preises für aufrechte Literatur" entschloss sich, Carlo Ross am 1. September 1994 zu ehren.

Carlos Verhältnis zu Hagen war ambivalent geprägt: Er mochte seine Heimatstadt zwar nicht mehr, dennoch zog es ihn wieder dorthin. Schließlich söhnte er sich mit der Volmestadt aus und schlug erneut seine Zelte hier auf. Allen üblen Erfahrungen zum Trotz, kannte er keinen Hass. Er suchte niemals die Revanche, sondern stets das Verbindende und "Verbindliche", das Verbundensein aller Menschen guten Willens.

In sämtlichen nachfolgenden literarischen Werken ("Nur Gedanken sind frei", "Michel im Teufelskreis", "Herr der Schwarzen Zelte" etc. setzte er diesen Vorsatz immer wieder neu und eindringlich um.

Unsere Empfehlung:

Dieses Buch ist einer ausgezeichnete Einstieg zu Holocaust-Literatur für Jugendliche. Es ist eine traurige Geschichte. Aber die jungen Leser/innen  werden die Handlung, die aus der Welt von Gleichaltrigen gegriffen ist, bestimmt spannend finden. Und es sollte sie nachhaltig zur kritischen Reflexion über den Wahnsinn und Unsinn religiöse-rassistischer Diskriminierung anregen.

Das Thema ist angesichts des Aufstiegs rechtsextremer und rechtspopulistischer Strömungen in Europa mit ihren verbalen Kampagnen gegen religiöse Minderheiten, speziell gegen Muslim/innen, leider von aktueller Brisanz.

Das Schöne an der Geschichte ist, dass es nicht pauschal verurteilt, sondern aufzeigt, dass es auch in finsteren Zeiten Menschen aus allen, auch konfessionellen Bevölkerungsgruppen gibt, die bei solcher Hetze nicht mitmachen ... in diesem Fall sind es die Leute aus der Hausgemeinschaft der "Stiege". Die "Stiege" erweist sich als stärkerer Zusammenhalt als die völkische Ideologie der Nationalsozialisten.

Für Jugendliche ist dieses Werk als Anstoß zur Auseinandersetzung mit dem Rassenwahn im "Dritten Reich" und als Klassenlektüre hervorragend geeignet und in leicht verständlicher Sprache geschrieben. Es sollten viele lesen, auch Erwachsene!

Christin Adlaßnig und Martin Urbanek

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